Samstag, 29. Dezember 2012

Path


Am Donnerstag war ich auf einem "Karate-Do und Lebensziele"-Lehrgang. Es ging darum, wie man sich Ziele im Leben setzt und sie konsequent verfolgt. Wie man aus dem sogenannten "Kreisverkehr" herauskommt, also Lebenssituationen, die sich immer wieder wiederholen, aber nicht erwünscht sind. Wie unser Unterbewusstsein sich auf uns auswirkt und uns oft daran hindert unsere Träume zu erreichen. Es gab noch sehr, sehr viel mehr, was man zu hören bekam und es war alles sehr interessant. Wenn ich alles aufzählen und erzählen wollte, dann bräuchte ich einen ganzen Tag, also genauso lange, wie ich dort war. Dazu gab es eine kurze Meditation, einige weitere und sehr interessante Meditationsübungen, sowie eine kurze Karateeinheit mit wiederum neuen Erkenntnissen.
All das wurde uns kostenlos bereit gestellt. Wer wollte, konnte einen nicht festgelegten Betrag an das Dojo spenden. Hätte ich zu dem Zeitpunkt mehr Geld zur Verfügung gehabt, so hätte ich liebend gerne das Doppelte gespendet. Zum Glück werde ich die Gelegenheit noch haben, denn so ein Lehrgang wird jährlich durchgeführt und jedes Mal etwas anders. :)
Ich habe sehr viel mitgenommen und werde wohl einige Änderungen im Leben vornehmen. Meine Ziele sind unorthodox, deswegen werde ich auf viele Hindernisse treffen, aber das schreckt mich nicht ab. Einen einfachen Weg kann jeder gehen und nur Krieger haben den Mut einen schweren zu beschreiten.
Große Töne kann auch jeder spucken und zweifelsohne tue ich das oft. Aber ich gebe mein Bestes, um aus diesen Tönen die Realität zu formen. Bisher hat das gut funktioniert.

Einen großen Dank an Jens für die Zeit, die er uns gewidmet hat. Er ist ein guter Mensch.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Staub

Wir sind alle Sternstaub. Wer sich ein wenig mit der Entstehungsgeschichte des Universums befasst hat, wird wissen, dass alle Elemente, die wir im Universum, auf der Erde, in unseren Wohnungen und unseren Körpern besitzen einst Bestandteile von Sternen waren, Sternen, die vor langer Zeit aufhörten zu existieren.

Was gibt uns Menschen das Recht uns für etwas Besseres zu halten? Oder bestimmte Menschen zu beurteilen, Kriege zu entfachen, die Natur zu zerstören? Sternstaub bekämpft Sternstaub. Ich muss schmunzeln wenn ich darüber nachdenke. Ich bin ein Bestandteil des Universums - das war ich vor meiner Geburt und das werde ich nach meinem Tod sein. Das Leben hat keinen höheren Sinn, es ist einfach da und da die Natur uns die Möglichkeit gegeben hat uns dessen zu erfreuen, so sollten wir dies tun. Nicht mehr und nicht weniger. Wie einfach.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Wolfgang, Nirvana, Ochi und Chishi

Ich bekämpfe meinen inneren Schweinehund und poste einen weiteren Eintrag in den Blog. Über die Zeit haben sich so viele Themen gesammelt, hauptsächlich bezogen auf Karate, dass ich immer mehr Lust bekam davon zu berichten, aber gleichzeitig immer weniger Lust hatte all das zu formulieren. Aber irgendwann muss das getan werden, wenn ich weiterhin vor habe meinen Blog zu pflegen.

Ich beginne mit dem wichtigsten Ereignis der letzten Wochen: Die Beisetzung von Wolfgangs Asche.
Ich möchte nicht zu viel darüber schreiben. Möglicherweise würde seine Familie das nicht gut finden, also fasse ich mich kurz: Es war traurig.
Ich war sehr gerührt von der Trauerrede, in der Vieles über Wolfgangs Leben erzählt wurde, Vieles, was ich nicht wusste. Er war ein Revolutionär, ein Weltverbesserer, einer, der immer eine eigene Meinung hatte, politisch interessiert war und sein Leben dem Karate widmete. Er war ein "gläubiger Atheist" und jemand, der viel Wert auf die "alten" Werte, wie Erziehung, Respekt usw. legte. Schade, dass man erst nach dem Tod eines Menschen, der ohnehin einen großen Einfluss auf jemanden hatte, feststellen muss wie viel man doch mit ihm gemeinsam hatte. So viele Themen über die wir uns hätten unterhalten können, so viele Sachen, die er mir erzählen und beibringen hätte können.

Es waren einige bekannte Karatekas aus dem Karate-Dojo in Göttingen, sowie Angereiste da. Ich hatte mich gefreut den ehemaligen DJKB-Vizepräsidenten Karl-Eric Leyser, den ich beim Aoki-Lehrgang kennen gelernt hatte, wieder zu sehen. Er ist extra von sehr weit angereist um dabei zu sein. "Eine Herzenssache", sagte er. Ein sehr angenehmer Mensch. Ich hoffe, dass ich ihn in Zukunft noch oft sehen und mit ihm reden kann.
Außerdem war ich überrascht einen meiner Lieblingskunden bei der Beerdigung zu sehen. Wie es sich herausstellte, hatte er früher über 20 Jahre Karate, zusammen mit Wolfgang betrieben. Seine Anwesenheit hat es mir viel leichter gemacht. Es war so, als würde ich ihn schon sehr lange kennen. Sehr emotional.

Einige Stunden später nahm ich an dem Jahres-Abschluss-Training des Karate-Dojo teil. Es war nicht einfach, sehr abwechslungsreich und interessant. Ich muss echt sagen, dass die Göttinger Karatekas auf einem hohen Niveau trainieren. Mehr dazu später.

Nach dem Training ging es zusammen mit Martin zum "Escape", einer internationalen Bar ganz in der Nähe des Sportzentrums. Dort veranstaltete das Karate-Dojo das Boonenkai, eine Jahres-Abschluss-Feier mit Buffet, viel Witz und netten Unterhaltungen. Natürlich wurde auch hier viel über Wolfgang geredet, doch das trübte die Stimmung nicht, denn jeder wusste, dass er es gewollt hätte, dass wir Spaß haben und an den Traditionen, die sich über die Jahre etabliert hatten (von den ich natürlich zum ersten Mal hörte), festhalten. Der Sake war gut. :)

Anschließend wurde das neuste Vereinsmagazin "Yoi" an jeden verteilt, welches sehr viele Artikel enthielt, die Wolfgang noch vor seinem plötzlichen Tod verfasste. Hier wurde ich erneut von der Ähnlichkeit unserer Charakter überrascht, z.B. als er über Egoismus schrieb. Im Grunde genommen beschreibt er analysierend Situationen wie die eine, die ich vor einigen Wochen bei "Anstand" schilderte. Ich bin froh, dass er der selben Meinung über solche Leute war und mich in der Situation unterstützt hätte. Ich werde auch in Zukunft mich für das richtige und respektvolle Verhalten einsetzen.

Manchmal hat man Momente, da erscheinen einem komplizierte Themen wie das Leben, Liebe und Tod als total simpel und klar. So einen Moment hatte ich, als der Trauerredner auf Wolfgangs Beerdigung vom Nirvana redete. Als Nirvana wird im Buddhismus das Nichts bezeichnet. Wenn ein Mensch sein Leben schlecht lebt und stirbt, wird er wiedergeboren und sein Leben als Wurm, oder ein Mensch mit schwacher Gesundheit etc. erneut durchleben müssen. Schafft er es dieses Leben fair und, trotz aller Schwierigkeiten, gut zu durchleben, wird er nicht wiedergeboren und sein Geist findet Ruhe, wandert ins Nichts.
Es gibt ein altes Sprichwort: "Alles ist nichts (Leere) und Nichts ist alles."
Große Philosophen wiederholen diesen Satz und auch Musashi schrieb ihn in dem Buch der Leere (aus seinem Buch der Fünf Ringe) nieder. Ich interpretiere den Satz folgendermaßen: Wenn man stirbt, dann wird man (wieder) ein Teil der Natur, ein Teil von Allem. Man verliert seine persönliche Identität und wird somit zu Nichts (Leere, Nirvana), aber gleichzeitig auch zu Allem, denn die Welt ist wie ein großer Organismus.
Scheint recht simpel zu sein, aber je länger ich darüber nachdenke, desto weniger Angst vor dem Tod habe ich. Es ist angenehm zu wissen, dass man stirbt, und wieder zu dem wird, was man ohnehin schon war. Dass das "Ich" als Konzept meines Gehirnes aufhört zu existieren, ist dabei zweitrangig und wenig erschreckend. Wenn ich es schaffe, das ein, oder andere Buch zu schreiben, dann leben meine Ideen dadurch weiter.
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Ein weiteres Ereignis war der Lehrgang bei Hideo Ochi in Hannover vor einer Woche. Es war nicht so interessant wie erwartet. Wir alle (ich bin mit vier Leuten aus unserer Uni-Karate-Gruppe angereist) hatten zu hohe Erwartungen gehabt, schließlich ist Ochi der Chiefinstructor der DJKB, ein Genie der 60-er und 70-er Jahre, mehrfacher Meister bei den All-Japan-Meisterschaften (wohl noch härter, als eine Weltmeisterschaft) in Kata und Kumite. Nun ist er ein alter und kranker Mann. Bei allem Respekt vor seiner Leistung und seiner Weisheit, aber er sollte sich schnell einen Nachfolger suchen, denn auf einen Meister, der nur vorne steht, aufgrund von geringen Deutsch-Kenntnissen kaum etwas erklärt, selber aus gesundheitlichen Gründen nicht mitmacht und nur Befehle gibt, kann ich verzichten. Außerdem ist unser Sonntagstraining sehr viel anstrengender und anspruchsvoller, als das Training bei Ochi es war.
Das Training wurde auf zwei Gruppen eingeteilt: Die Anfänger, zu den ich leider noch zähle und deswegen nicht bei dem schwierigerem Training mitmachen kann, und die Fortgeschrittenen bis Profis, ab dem zweiten Violettgurt (4. Kyu). Nun habe ich in dem ersten Interview aus meinem kürzlich erhaltenen "Masters III"-Buch gelesen, dass ein Karateka nach nur zwei Jahren sich wirklich davor hüten sollte, über andere Karatekas zu urteilen und sich mit ihnen zu vergleichen, aber sorry, der größte Teil der dort anwesenden Braun- und Schwarzgurte war miserabel. Der Meinung war unser ganzes kleines Team. Der größte Teil der Fortgeschrittenen legte eine mangelhafte Leistung hin. Ich werde den Braungurt, der nicht mal die Wendung beherrschte, etwas, was man noch vor dem Gelbgurt können muss, nicht so schnell vergessen. Nur wenige Karatekas stachen durch eine gute Performance und eine solide Technik heraus: Unsere Leute, die Karatekas aus dem Göttinger Karate-Dojo (weil sie auf einem, wie zuvor erwähnt, hohen Level trainieren), einige wenige Unbekannte, sowie Andreas, ein Schwarzgurt, den ich bei Schlatts Lehrgang kennen lernte.
Einerseits sollte man sehr bescheiden sein, wenn man einen derart niedrigen Rang hat, wie ich, aber andererseits sollte man als höherer Rang ein Beispiel für die Niedrigeren sein, nicht anders herum. Nicht mal vernünftig ausrichten konnten sich die Leute. Tsk, tsk, tsk...

Aber abgesehen von dem weniger guten Training, hatten wir eine lustige Zeit, egal ob auf der Tribüne - beim Beobachten der Schwarzgurte, im italienischen Restaurant am Abend, wo das Essen so lecker und die Bedienung so freundlich waren, beim Mitternachts-Chat in der leeren Halle inkl. des Anschauens schlechter Musikvideos auf dem Handy, oder auf der fünfstündigen Rückfahrt, dank Schneefall und der nicht endenden Staus. Es war ein schönes Wochenende, ganz ohne Ironie. :)

Wir sind beide genau 162 cm klein.

Mein Makiwara muss immer noch lackiert werden. Aber wenigstens habe ich heute ein neues Polster fertig gestellt. Ganz simpel, keinesfalls so schön, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber hoffentlich erfüllt es die Funktion. Getestet wird morgen.
Leider habe ich an der rechten Faust am Knöchel des Zeigefingers eine Gelenkkapselentzündung, die durch eine Dummheit (nicht durch das Makiwara-Training) entstand. Bis ich mit der rechten Hand den vollen Gebrauch des Makiwaras machen kann, muss ich noch etwas warten.

Vor einigen Tagen habe ich ein Chishi gebaut. Ein Chishi ist ein okinawanisches Trainingsgerät, dass im Goju-Ryu-Karate eine große Verbreitung findet: Es ist einfach ein Betonklotz auf einem ca. 40 cm langem Stock. Hier ist meine Variante (35% Zement, 55% Quarzsand, 10% Wasser, für vier Tage stehen und aushärten lassen):
Ich habe es inzwischen leicht geschliffen
und die Kanten abgerundet.
Unterseite, durch die Plastikschüssel und
den Druck wunderschön Glatt.

Mein Chishi wiegt 4,7 Kilo und ist für den Anfang etwas zu schwer, also mache ich noch mindestens ein weiteres, mit geringerem Gewicht. Trainiert wird damit folgendermaßen:


Es dient dazu die Handgelenke zu stärken, um den Aufprallwiderstand bei einem Schlag gegen ein Ziel verletzungsfrei (für sich selbst, versteht sich ^^) widerstehen zu können. Außerdem kräftigt es den Griff. Ich habe heute schon ein wenig damit trainiert und meine Handgelenke sind ganz schön fertig. Ein gutes Zeichen.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich nach wie vor an meiner Idee mit dem Reisen festhalte. Sie reift von Tag zu Tag immer mehr zu einem Plan heran.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Vagabond

Ich möchte ein "Shugyosha" sein, ein Vagabund, ein wandernder Mensch, der die Welt und dadurch sich selbst kennen lernt. Das ist für mich eine krasse Einsicht gewesen und ohne Zweifel hat das Buch "Musashi" einen direkten Einfluss darauf. Ich habe lange darüber nachgedacht und bisher bekomme ich von allen Seiten nur Bestätigung zu meinem Vorhaben: Nachdem ich mein Studium abschließe, auf eine lange Reise zu gehen. Ein Rucksack, kein Ziel, von einer Stadt in die Andere, von einem Land in das Andere, sich an einem Ort niederlassen, dort arbeiten (als was auch immer, Arbeit gibt es immer) und Geld verdienen, das zur Existenz reicht, denn Geld ist sowieso nur Mittel zum Zweck und sollte niemals das Ziel in dem Leben eines Menschen sein.

Was spricht dagegen? Hier einige Beispiele:

- Die Leute würden mich für einen Penner halten.
Antwort: Egal. Diese konsumgetriebene Gesellschaft wird mir von Tag zu Tag immer mehr zuwider. Wichtig ist, was ich von mir halte.

- Es könnte sehr schwierig werden.
Antwort: Gut! Ein Mensch, der nicht mit den Schwierigkeiten des Lebens klar kommt, möchte alles auf dem Silbertablett serviert haben und sollte jemand kommen, der einem das Silbertablett nimmt, was macht man dann? Ich möchte für jede Situation im Leben gewappnet sein.

- Meine Lieben würden sich Sorgen um mich machen.
Antwort: Ich habe nicht vor den Kontakt abzubrechen. Vielleicht ist das ein Grund um die gute alte Brieftradition wieder aufleben zu lassen. Und mein Leben ist mir viel Wert. Ich stürze mich nie in etwas, wo ich nicht das Gefühl habe, dass ich bereit dafür bin.

- Ich bin einfach viel zu idealistisch! Sowas ist heutzutage nicht möglich und ich breche das Ganze nach wenigen Tagen/Wochen/Monaten ab.
Antwort: Das ist durchaus möglich. Aber ich lese/höre immer wieder über Leute, die solche Reisen in der heutigen Zeit unternehmen und sie bereuen nichts! Und selbst wenn ich es nicht schaffe, dann weiß ich, wo meine Grenze liegt. Es ist immer besser an die eigene Grenze zu gehen, als darüber zu spekulieren, wo sie denn nun liegt. Ich will nicht als älterer Mann bereuen etwas nicht getan zu haben, was ich aber machen wollte.

- Ich bin noch jung und sollte meine besten Jahre nutzen, mich ausbilden, mir einen Job suchen...
Antwort: ...und damit mein Leben in eine Routine führen? Ich soll meine besten Jahre damit verschwenden genauso wie alle zu leben und nach den Prinzipien zu handeln, die von dieser kranken Gesellschaft, welche zum größten Teil aus Schafen besteht, erfunden wurden? Soweit ich weiß, führt das nicht zum Glück. Solch ein Leben führt zu der Transformation in ein Werkzeug, das "lebt" um zu arbeiten. Das Wort "existiert" würde an dieser Stelle wohl besser passen. Ich bevorzuge es immer noch zu arbeiten, um zu leben, denn das Leben ist eine Gelegenheit die man schätzen und genießen sollte. Wenn mich jemand nach dem Sinn des Lebens fragt, dann ist das meine einzige Antwort.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin kein anarchistischer Revolutionär, der die Welt gerne ins Chaos stürzen würde, nur weil ich mit einigen Dingen nicht zufrieden bin. Viel lieber würde ich meine Welt verändern und an meine Vorstellungen anpassen. Solange ich lebe und atme, kann ich mein Leben genießen. Genießen heißt hier aber nicht saufen, Party machen und die Sau raus lassen, denn in diesen Sachen sehe ich eine durch die o.g. Gesellschaft aufgezwungene Sichtweise des Genusses. Was ich meine, ist der Genuss eines jeden Atemzuges, ein Blick über den Horizont mit einem Lächeln, ein Freudenschrei nach jeder bezwungenen Schwierigkeit. Ein Leben frei von jeglichen psychischen Krankheiten, die ganz eindeutig die Folgen unserer "Zivilisation" sind. Wir leben in unseren vier Wänden, warm und sicher, fast wie in einer unsichtbaren Gefängniszelle und wir haben verlernt zu riechen, zu sehen, zu fühlen und die Welt zu verstehen. Alles dreht sich um das Ego und alle sind so "individuell" und "demokratisch", dass sie nicht merken, wie sie ein Teil der großen, grauen und gesteuerten Masse sind. Es entsteht ein künstliches und aufgezwungenes Zusammengehörigkeitsgefühl, welches nichts mehr mit dem natürlichen, tierischen und sozialen Gefühl zu tun hat. Jeder denkt in Wirklichkeit nur noch an sich.
Ich bin jemand, der das Alte schätzt: Traditionen, Riten, Benimmregeln, Kunst. Noch im 18. Jahrhundert sind Menschen, die später zu den ganz großen zählen sollten, nach ihrem Studium durch die Welt gezogen. Auch ich will vom Leben lernen, denn niemand kann mir so viel erzählen und beibringen, wie die eigene Erfahrung.

Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was mir die Professorin in der Lektion über Sportpädagogik erzählte (2011), aber ich erinnere mich noch an die Lektionen und Geschichten des Professors aus den Kulturwissenschaften, aus meinem früheren Studium in Hildesheim (2007), so als hätte ich sie erst gestern gehört, denn dieser Mann erzählte aus seinen Jugendreisen, aus seiner eigenen Lebenserfahrung und seinen Fehlern, vor den wir uns hüten sollten. Dieser Mann konnte erzählen, genauso wie mein Erdkundelehrer vom Gymnasium, der ebenfalls viel reiste und vielleicht heute noch reist. Solche Lektionen haben eine gravierende Wirkung auf mich. Auch aus meiner Alpenreise habe ich eine Menge für die Zukunft mitgenommen und diese habe ich schon sehr schonend gestaltet.

Ich finde, dass ich, bevor ich mir den Job suche, den ich über viele Jahre ausüben sollte und eine Familie gründe, erstmal selber erwachsen werden und mich selbst verstehen sollte. Wisst ihr über euch Bescheid? Wer seid ihr? Was wollt ihr? Habt ihr euch diese Fragen schon mal gestellt?
Was macht es für einen Sinn irgendwelchen ausgedachten Konzepten zu folgen, um dann mit 60/70/80 auf dem Sterbebett zu bereuen, dass man seine Träume nicht gelebt hat? Wenn ich diese Reise antreten und sie jemals beenden sollte, dann dürfte ich noch jung genug sein, um mir eine gute Arbeit zu suchen, eine Familie zu gründen und Kinder groß zu ziehen. Aber wenigstens bereue ich dann nichts und habe etwas, was ich meinen Enkelkindern erzählen kann.

Manche Menschen glauben, sie würden viel wissen, wenn sie sich über mehrere Jahre in der Bibliothek einsperren und alle Bücher durchlesen. Es stimmt, dass man Vieles aus Büchern lernt, und ich selber lese sehr gerne, aber man lernt sehr viel mehr aus dem Leben selbst. Man muss sich Herausforderungen suchen und sich ihnen stellen, um sich selber zu beweisen, dass man es Wert ist, auf dieser Welt zu sein.

Freitag, 7. Dezember 2012

Wochenende

Welcher normale Mensch würde an einem Samstag Morgen um 6 Uhr aufstehen, obwohl er weder zur Uni, noch zur Arbeit muss? Ich! OK, normal... whatever... ich bin normal. Der Rest der Welt ist es nicht. ;P

Morgen geht es nach Hannover, denn Ochi-Sensei kommt und gibt einen zweitägigen Lehrgang. Also viel Schweiß, Schmerz und eine Übernachtung in einer Sporthalle im Schlafsack. Viele andere Menschen würden sicherlich schief gucken und mich fragen, ob ich nichts Besseres zu tun hätte. Aber an der Stelle würde ich sie fragen, wie sie denn ihr Wochenende verbringen? Genauso wie immer? Das ist nichts für mich. Ich habe hier endlich die Chance etwas Abwechslung hinein zu bringen und diese nutze ich auch.
Ich hoffe, dass es Gruppenfotos beim Lehrgang geben wird. Leider hatten wir beim Schlatt-Lehrgang keine gemacht.

Anbei Fotos von meiner fast fertigen Makiwara:


 

Ich musste das Teil umbauen, da es bei dem alten Entwurf bei jedem Schlag nach hinten kippte. Die einzige Methode, und das bestätigte sich bei einer genaueren Recherche im Internet, ist diese. Ich stehe auf dem großen Brett und mein eigenes Gewicht hält die ganze Konstruktion auf dem Boden.
Jetzt, wo ich weiß, dass alles gut funktioniert, muss ich das große Brett abschrauben und lackieren, und nun endlich das Schlagpolster basteln, da meine Fäuste nicht heilen wollen.
Außerdem muss ich mir etwas zum Dämpfen des Impulses (am Boden) einfallen lassen. Diese Filz-Platten fuseln zu sehr, verbrauchen viel Platz und lassen sich nicht so leicht befestigen.

Samstag, 1. Dezember 2012

Anstand

Heute saß ich im Zug, links von mir ein Vierer-Platz besetzt von vier jungen Männern, die sich später als Studenten herausstellten (sie redeten u.A. über Vorlesungen). Zuerst, als ich in Elze zustieg, bemerkte ich, dass sie laut sind. OK, Advent, Wochenende, viele im Zug waren laut - da kann man schon tolerant sein. Dann habe ich ihrem Gespräch zugehört, obwohl ich versuchte ein Buch zu lesen, aber bei der Lautstärke war es unmöglich nicht hin zu hören. Sie redeten über das Betrügen in einer Beziehung und wie der Eine seine Freundin nie wieder betrügen wird, weil er nun selbst weiß wie es sich anfühlt. Komisch, dass manche so etwas selbst zu spüren bekommen müssen, um zu merken, dass es falsch ist. Trotz der Abscheu, die ich nun gegenüber diesen viel Kerlen empfand, hörte ich weiter zu. Sie verwendeten laut Schimpfwörter, ohne Hinsicht auf weitere Insassen. Mir fiel aber auf, dass genau hinter ihnen zwei kleine Mädchen saßen, ihre Eltern etwas weiter weg, und mit ihren Spielkonsolen spielten. Ich finde es schon sehr falsch in der Gegenwart von Kindern zu schimpfen. Ich warte sogar an der roten Ampel, wenn Kinder in der Nähe sind, um ihnen unauffällig zu zeigen, wie man sich zu verhalten hat. Aber diesen Kerlen war das absolut egal.

Es geht weiter: Sie fangen an über Alkohol zu reden - wie toll es doch ist, "Die beste Droge von allen!" und fügen ihrer Cola aus einer "Russian Standard"-Flasche Wodka hinzu. Dazu muss ich anmerken, dass wir in einem Metronom-Zug fuhren, wo der Alkoholkonsum verboten ist. So weit so gut. Ich warf ihnen schon einige verwunderte und böse Blicke zu und einer schien es bemerkt zu haben, aber das hat die wohl nicht weiter gestört. Ich war innerlich aber schon sehr aufgeregt und kurz davor ihnen meine Meinung zu sagen. Dann redeten sie über die Krokodil-Droge und Crystal Meth und wie toll doch Letzteres sei, wenn ohne Verunreinigungen...

Als der Eine dann meinte "Ich wäre dafür den Nationalsozialismus einzuführen, die Juden wieder zu jagen und zu vergasen!", wahrscheinlich scherzhaft und dabei auf Widerspruch seiner Freunde traf, riss mein Geduldsfaden. Ich richtete mich auf, versuche ruhig zu bleiben, und schob ungefähr folgende Rede:

"Zwei meiner Großonkel sind an der Front gegen die Nazis umgekommen. Ich selber bin russischer Jude und sollte ich noch ein Mal etwas in der Richtung hören, raste ich richtig aus. Außerdem seid ihr zu laut und werft alle möglichen Ausdrücke in den Raum, obwohl hinter euch Kinder sitzen. Ihr denkt vielleicht nicht daran, aber sie bekommen das alles mit und lernen es. Außerdem ist Alkohol hier verboten. Sollte demnächst eine Kontrolle vorbei kommen, werde ich nicht davor scheuen ihnen von eurer Wodka zu berichten. Seid jetzt bitte leise."

Ich weiß nicht, ob es die Wirkung der Bemerkungen war, die bei ihnen einschlug, oder mein ruhiger, aber bedrohlicher Ton, aber sie waren sofort niedergeschlagen und für den Rest der Fahrt sehr ruhig.
Ich finde, dass ich das Richtige getan habe. Ich spiele ungern den "Spießer", aber es gibt Regeln, wie z.B. den Alkoholverbot in Metronom-Zügen,  und es gibt moralische und soziale Regeln, die für mich noch wichtiger sind. Sobald eine unsichtbare Grenze überschritten wird, kann ich es nicht mehr ignorieren. Viele Rüpel sind heutzutage daran gewöhnt, dass sich niemand traut auch nur ein Wort zu sagen und denken gar nicht erst daran, dass sie andere stören könnten, oder sich generell falsch verhalten.

Beim Aussteigen bedankte ich mich bei ihnen dafür, dass sie meiner Bitte nachkamen und verabschiedete mich. Ich wollte nicht den Boss spielen, sondern jemand sein, der für das Richtige kämpft, sich aber nicht zu viel dabei einbildet.