Donnerstag, 24. Januar 2013

Kaltes, klares Wasser (und natürlich Karate)

Seit drei Tagen fehlt in unserem Haus das Warmwasser. Am Sonntag hieß es, dass wir uns, wegen den Arbeiten an den Rohren, von Montag bis Dienstag damit genügen müssten. Am Dienstag wurde das durchgestrichen und "Mittwoch" dran geschrieben. Heute ist Mittwoch, Nacht, und das warme Wasser ist immer noch aus. An sich ist das keine Tragödie, nur der Abwasch lässt auf sich warten. Auch wird das kalt-Duschen (im Winter ist das kalte Wasser, wie ihr sicherlich wisst, besonders kalt) macht nach zwei Tagen keinen Spaß mehr. Was ist bloß aus Deutschland geworden, wenn schon solche Termine nicht mehr eingehalten werden?
Um das kalt-Duschen erträglicher zu machen, mache ich davor schön viel Sport: Chi Ishi, Bauch, Klimmzüge und Dehnübungen, jeden Abend nachdem ich von der Arbeit komme. Irgendwie hat sich das bei mir so verinnerlicht, dass kaltes Duschen nach hartem Training sehr gut sei und sogar angenehm. Es ist wie eine weitere Übung, durch die man durch muss. Ohne Sport macht kaltes Duschen weniger Spaß.

Aber selbst wenn das Warmwasser wieder da ist, werde ich versuchen das Abendtraining bei zu behalten. Es ist Zeit, kurz vor dem Frühling, wieder zu erwachen. Obwohl ich ohnehin schon viel trainiere, aber es geht immer mehr! Die alten Karate-Meister trainierten täglich bis zu sieben Stunden! Wenn sie das konnten, warum soll ich das nicht können?
Heute war genau so ein perfekter Trainingstag, dabei hat er wie ein ganz normaler angefangen, abgesehen davon, dass mein Trainer mich heute um 8 Uhr weckte, indem er mich auf mein Handy anrief und mir mitteilte, dass ein anderer Trainer, der sonst nur den Karate-Vertiefungskurs an der Uni leitet und den ich seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hatte, heute zu Training kommt. Gute Nachrichten! Das Training bei ihm zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er uns richtig schwitzen lässt und großartige, motivierende Reden hält. Früher haben mich diese Reden genervt, weil ich das für Gelaber hielt und lieber weiter körperlich aktiv sein wollte, anstatt zuzuhören. Aber heute verstehe ich, dass der Geist im Karate mindestens genauso viel mitzureden hat wie der Körper. Ohne vernünftige Theorie und geistige Stärkung ist Karate nichts als eine Sammlung von anstrengenden Übungen und Selbstverteidigung. Für mich ist Karate aber viel mehr als das.

Wie dem auch sei, zum Training bin ich, nach einem Frühstück, bestehend aus drei Bananen und einem Tee, ohne große Erwartungen gefahren, aber ich hatte einfach vergessen, wie anstrengend das Training bei dem Herrn sein kann. Es war gut und es war sehr anstrengend. Zum ersten Mal habe ich alle Anfänger ordentlich schwitzen gesehen. Manche mussten sogar zwischendurch Pause machen, weil ihnen schwarz vor den Augen wurde. Das ist übrigens vollkommen normal, denn der Körper ist heutzutage, wo wir uns von allen Seiten verwöhnen und absichern lassen, an solche Anstrengung nicht mehr gewohnt und braucht seine Zeit. Ich weiß noch wie mir vor ca. acht Jahren, als ich erst anfing hart zu trainieren, damals noch beim Kickboxen, schwarz vor den Augen wurde. Das geht vorbei. Heute versuche ich diesen Zustand künstlich durch besonders hartes Training herbeizuführen, aber leider klappt es nicht, auch nicht nach vier Stunden Training, welches ich fast jeden Sonntag mache.

Nach dem heutigen Training, als alle Anfänger abgezogen waren, nur noch die zwei Trainer und ein Violettgurt blieben, und ich noch ca. eine halbe Stunde "ein wenig" trainieren wollte, bereits sehr zufrieden mir dem vorherigen Training, fragte mich der Trainer, ob ich nicht Lust habe mit dem Prüfer, Detlef Effer (5.Dan, Stan Schmidts Schüler), der jeden Moment auftauchen sollte, mit zu trainieren. Ich überlegte nicht lange. Dann fragten die Trainer Detlef, ob ich mit trainieren dürfte (eigentlich sollte das Training ab dem zweiten Violettgurt sein) und anschließend folgte eine Stunde klallhartes Training bei dem Herrn, der mir bisher meine Gürtel verliehen hat und auch in zwei Wochen mich prüfen wird, mit dem ich aber bisher nur wenige Worte wechseln konnte. Das Training bestand aus viel Grundschule, mit Kombinationen und Korrekturen an den wesentlichsten Dingen, die wir aber alle irgendwie falsch machten. Dann kam Kata. Jeder von uns durfte Kata vor den anderen präsentieren. Zuvor hatten mich die Trainer bei Detlef als den Sieger beim DHM in Kata präsentiert, was mich ziemlich rot werden ließ, aber erst nachdem er mich aufforderte meine Wettkampf-Kata, Tekki Shodan, vorzuführen und anschließend meinte der Titel sei seiner Meinung nach verdient, war ich wirklich froh und stolz! Davor habe ich das auch immer wieder gehört, aber von wem? Von meinen Konkurrenten? Von meinen Freunden und Mittrainierenden? Bei allem Respekt vor ihrer Meinung, aber ich war mir nie wirklich sicher, ob ich den Titel wirklich verdiente. Erst als Detlef meinte, die Kata sei gut, war ich mir sicher, dass das Training sich gelohnt hatte. Und verdammt, ich werde es so weitermachen, wenn nicht noch härter trainieren!

Dieser Trainingstag war übrigens härter, als jeder Sonntag, an dem wir bisher so lange trainierten. Ich habe einige Kombinationen von heute aufgeschrieben und werde sie mit den anderen Leuten Sonntags wiederholen.

Abseits von Karate (aber nicht zu weit vom Thema weg): Ich habe das Buch "Musashi" durch. Es hat lange gedauert, denn es ist ein dickes Buch und ich hatte selten die Gelegenheit es zu lesen, aber gerade das hat mir geholfen in den Pausen zwischendurch den gelesenen Stoff zu verinnerlichen. Wie bereits gesagt, ist es ein sehr inspirierendes Buch. Und obwohl ich mich mir dem Protagonisten Miyamoto Musashi identifizieren konnte, so fand ich auch Parallelen zwischen mir und seinem Freund Matahachi, welcher nicht gerade ein Vorbild ist. Mein Ziel ist es all die Schwächen, die Matahachi besaß in mir zu zerstören, um zu einem Musashi zu werden. Klingt natürlich sehr aufgeblasen. Für Leute, die das Buch kennen, nahezu angeberisch. Aber ich will wirklich so sein wie Musashi. Er ist ein klares Vorbild für mich, wenn auch nur eine Romanfigur, die auf einer wahren, historischen Figur lediglich basiert. Wichtig sind die Werte, die diese Figur pflegte und vertrat. Das sind Werte, die mir sehr nahe liegen und dessen Erhaltung ich anstreben sollte: Selbstdisziplin, Demut, Respekt.

Nun lese ich das Bubishi, die "Bibel des Karate", weiter. Heute bin ich bei einem Kapitel angekommen, in dem die einzelnen Punkte, deren Einhaltung zur Weisheit führt, aufgelistet sind. Ich würde diese gerne hier auflisten, aber ich fürchte, dass ich schon so viel geschrieben habe, dass die Meisten von euch vor Langeweile gar nicht erst zu dieser Stelle gekommen sind. Ich liste sie ein anderes Mal auf. Eins kann ich darüber sagen: Für mich waren diese Punkte wie ein großer Eimer mit kaltem Wasser, der über mich gekippt wurde. Ein Moment der Klarheit. Gute Nacht. :)

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